Restart TAPF:
Endlich wieder in Gesellschaft

Seit dem 8. Juni empfangen die Tagespflegen in NRW wieder Gäste – auch bei den AWO Seniorendiensten Niederrhein.

Ruth Möller freut sich sehr, dass die Tagespflege der AWO Seniorendienste Remscheid endlich wieder geöffnet ist. (Foto: Einrichtung)
Ruth Möller freut sich sehr, dass die Tagespflege der AWO Seniorendienste Remscheid endlich wieder geöffnet ist. (Foto: Einrichtung)

In der Tagesspflege der AWO Seniorendienste Remscheid ist fast alles wie immer. Seit dem 9. Juni sind die Gäste zurück. Neu: Es gibt jetzt ein Hygienekonzept. Das hat die Einrichtung aufwändig erstellen und bei den entsprechenden Behörden einreichen müssen. Händedesinfektion, Abstand halten, Temperatur messen und Mund-Nasen-Schutze gehören seit der Wiederöffnung zum Alltag. „Wir versuchen, alle Corona-Maßnahmen einzuhalten, ohne Stress zu produzieren, und den Tag für unsere Gäste so angenehm wie möglich zu gestalten,“ erklärt Tagespflegeleiterin Agnes Lokajczyk. „Im Vordergrund steht aber immer die Gesundheit aller Anwesenden.“

Fast 12 Wochen hat der Lockdown der Tagespflegen gedauert. Jetzt ist in Remscheid bis auf einen Gast die gewohnte Truppe zurück. „Das Wiedersehen war sehr herzlich. Alle waren so froh, dass es endlich wieder losgeht – auch wir. Unsere Gäste haben uns sehr gefehlt.“

Beliebte Wochenangebote wie Gymnastik, Singen und gemeinsames Kochen müssen wegen der strengen Auflagen bis auf weiteres ausfallen. Auch Ausflüge gibt es vorerst nicht. Dafür sind die Senior*innen nach der langen Zeit der überwiegenden Isolation endlich wieder in Gesellschaft. Der „Restart“ funktioniert trotz der Einschränkungen gut. Einen Wermutstropfen gibt es: „Es ist deutlich mehr Papierkram als vorher zu erledigen,“ sagt Agnes Lokajczyk. „Das ist ganz schön zeitaufwendig.“

Die ausufernde Dokumentationen sind auch für Manja Sunkel, Einrichtungsleiterin des AWO Seniorenzentrums Karl-Schröder-Haus in Langenfeld, eine Herausforderung: „Wir müssen die verschiedensten Listen führen. Das ist umständlich und arbeitsintensiv.“ Schon die Wiedereröffnung war aufwändig. Anwesenheitstage mussten geplant und mit den Angehörigen abgesprochen werden. Zudem verlangten die Behörden auch in Langenfeld ein umfangreiches Hygienekonzept. Die Auflagen an sich sind eine große zusätzliche Belastung für Seniorenzentren. Hinzu kommen die verschiedenen Organisationen von Krankengymnastik und sonstigen Therapien in der teilstationären Pflege. Aufwand, den Manja Sunkel aber gerne für ihre Gäste betreibt.

Was der Einrichtungsleiterin allerdings noch zu schaffen macht: das „Kontrollieren“ der Gäste, damit der Abstand und die Vorschriften eingehalten werden. „Uns war immer wichtig, unseren Senior*innen möglichst viel Freiheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Jetzt müssen wir ihren Bewegungsradius leider stark einschränken – und sie ständig beobachten. Das ist sehr unangenehm,“ findet die Einrichtungsleiterin. „Wir erklären zwar immer, warum wir das tun, aber gerade demenziell veränderte Menschen können das nicht immer nachvollziehen.“

Trotz Corona-Auflagen ist es für Gäste und Angehörige eine große Erleichterung, dass die Tagesspflege wieder geöffnet ist. Während der Schließung hat das Tagespflege-Team übrigens im Seniorenzentrum ausgeholfen. Manja Sunkel zieht positive Bilanz: „Das war ein enormer Gewinn für beide Seiten. Unsere TAPF-Mitarbeiter*innen haben einen neuen Arbeitsalltag kennen gelernt. Sie haben sich unglaublich gut integriert und völlig selbstverständlich die Versorgung und Betreuung übernommen. Wir sind sehr dankbar für die tolle Unterstützung.“

Während in Langenfeld und Remscheid die Wiederöffnung vorbereitet werden musste, hat es in Kamp-Lintfort nie eine Komplettschließung der Tagespflege gegeben. „Wir haben im Lockdown immer eine Notbetreuung aufrechterhalten für Angehörige in systemrelevanten Berufen und Senior*innen, bei denen die Versorgung nicht gewährleistet war,“ erklärt Peter Hewing, Einrichtungsleiter des AWO Seniorenzentrums Stadt Kamp-Lintfort. „Allerdings durften wir maximal fünf Gäste täglich annehmen. Mit denen, die nicht kommen durften, standen wir viel in telefonischem Kontakt, um die häusliche Situation im Blick zu behalten. Da waren oft Krisen zu bewältigen, weil Angehörige ohne Tagesspflege zuhause an ihre physischen und psychischen Grenzen stießen.“

Auch in der Notgruppe ging nichts ohne Hygienekonzept. Dank der Routine in Sachen Corona-Auflagen, die man in der Zwischenzeit entwickelt hat, lief die erweiterte Öffnung von fünf auf zehn Gäste allerdings entspannt ab. Natürlich mussten wie in den anderen Einrichtungen Betreuungsangebote neu strukturiert werden. Und auch die Räumlichkeiten wurden verändert: Möbel umgestellt, Überflüssiges entsorgt, um Platz für die Abstandsgebote zu schaffen. Der positive Nebeneffekt: „Wir haben jetzt mehr Raum und mehr Bewegungsfreiheit. Das gefällt unseren Gästen sehr gut – ebenso wie die Betreuungsangebote in Kleingruppen.“ Peter Hewing sieht allerdings auch, dass seine Einrichtung personell stark gefordert ist – nicht zuletzt durch die Hygienemaßnahmen: „Einhalten des Sicherheitsabstandes untereinander, regelmäßiges begleitetes Händewaschen, hochfrequentiertes Desinfizieren aller Flächen – das macht einfach mehr Arbeit.“ Die Gäste seien aber gerne bereit, alles korrekt durchzuführen, was unter anderem daran liege, dass das Virus tägliches Gesprächsthema sei. „Aufklärung ist das beste Mittel, um bei allen Verständnis für die Situation zu wecken,“ so der Einrichtungsleiter.

Täglich bis zu 10 Senior*innen sind inzwischen in der Kamp-Lintforter Tagespflege zu Gast. Alle freuen sich sehr, dass die Gruppe wieder größer ist. Der Austausch und die Gesellschaft haben eine andere Qualität. Der Lockdown hat gezeigt, wie wertvoll Gemeinschaft ist. „Jetzt wieder zusammen sind alle voller Tatendrang. Vor dem Corona-Ausbruch haben wir von der Stadt Kamp-Lintfort ein Exemplar des Maskottchens der LAGA, der Landesgartenschau, bekommen: eine 90 Zentimeter große Erdmännchen-Figuren als Rohling zur kreativen Gestaltung. Unsere Gäste haben die ganze Zeit darauf gewartet, sie endlich bemalen zu können. Jetzt ist sie fertig und wird demnächst feierlich in unseren Garten gesetzt.“ Das nächste Projekt steht auch schon in den Startlöchern: die Aktionswoche „Reise ohne Koffer“. Die wird gemeinsam für TAPF-Gäste und Bewohner*innen des Seniorenzentrum organisiert – als Ersatz für das ausgefallene Sommerfest.